Lois Huber
 
Auf der Suche nach der Magie des Augenblicks


Die Bilderwelt des Wasserburger Malers Lois Huber (1923 - 2007)
von Matthias Oesterheld

Selbstporträt Lois Huber

„Du schreibst doch über Maler. Ich hätte da einen Interessanten für dich, “ sprach mich eines Tages ein befreundeter Journalist an. Dies war das erste Mal, dass ich von dem Maler Lois Huber hörte. Ich mag das Örtchen Evenhausen, aber bedeutsame Kunst würde ich in dem malerischen Bauerndorf nicht vermuten.

Dabei war Lois Huber offenbar ein Multitalent, denn er war nicht nur Maler, sondern auch noch Schreiner, Nebenerwerbslandwirt und Graphiker. Mein Kunstfreund H. und ich, fuhren also neugierig in den Evenhausener Bilderladen. Der kleine Bilderladen war voll gehängt mit Werken von diesem Lois Huber, mit Landschafts- und Städtebildern, Portraits und Stillleben, Zeichnungen, Aquarellen und Ölgemälden, einem repräsentativen Querschnitt aus dem lebenslangen Schaffen des Künstlers.  Bereits der erste Blick auf die Werke in die Galerie verblüffte mich. Und auch mein Freund bestätigte mir spontan den Eindruck einer hohen Qualität und unverwechselbaren Handschrift der ausgestellten Werke. Es sind vor allem die Landschaftsbilder aus dem Chiemgau, die faszinieren, Bilder, die eine gelassene Ruhe und ein Vertrauen in den eigenen Strich sichtbar machen. Auch gelungene Impressionen aus Wasserburg und dem unmittelbaren Umfeld Evenhausens zeigen einen Maler, der offenbar die Natur liebte und aus seiner Heimatverbundenheit Kraft und Zuversicht schöpfte und es meisterlich verstand, das Spiel von Licht und Schatten in den verschiedenen Jahres- und Tageszeiten auf der Leinwand festzuhalten.

Mathilde Fürstenberger, die Tochter des Künstlers erzählt: „Mein Vater wurde 1923 auf dem großelterlichen 19 Tagwerk großen Hof geboren. Er fiel schon als Kind durch sein außergewöhnliches graphisches Talent auf.  Doch nach der Volksschule absolvierte er erstmal eine Schreinerlehre. Dann kam der Krieg dazwischen und er musste mit 18 Jahren an die Front.  Dreieinhalb Jahre überlebte er den Krieg in Russland und dem Balkan durch allerlei glückliche Fügungen. Ab 1947 schaffte er es dank seiner Beharrlichkeit, beim Vater durchzusetzen, dass er an der angesehenen Blocherer-Schule für angewandte Kunst in München eine Ausbildung als Maler beginnen konnte. Keine Selbstverständlichkeit für eine bäuerliche Familie in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren. Doch der kunstbegeisterte junge Handwerker war fest entschlossen, sich ein handwerklich ordentliches Fundament für seine Malleidenschaft anzueignen. Er lernte bei dem in Münchner Fachkreisen renommierten Professor Karl Blocherer. Hier lernte er in der Auseinandersetzung mit den französischen Impressionisten die Grundlagen eines eigenen Malstils, ein Einfluss, der zeit seines Lebens in seiner Arbeit eine Rolle spielte. Bereits 1952 konnten erste Ölbilder im Rahmen einer Kunstausstellung präsentiert werden und ein Jahr später kam es zu einer ersten eigenen Ausstellung in der Buchhandlung Leonhard in Wasserburg.

Ausblick

Doch noch wichtiger war wohl im Jahre 1953 die Heirat mit seiner Frau Mathilde aus dem nahe gelegenen Wolfsberg bei Amerang. Im Laufe der Zeit schenkte sie ihm vier Kinder und hatte stets ein liebevolles Verständnis für seine große Leidenschaft, die Malerei. In dieser Zeit übernahm er die elterliche Schreinerei. Hof und Werkstatt sind seit Generationen im Familienbesitz. Einige Jahre später wurde ihm wegen eines Formverstoßes die Führung des Ein-Mann- Betriebes von den Wasserburger Behörden streitig gemacht, da er es ablehnte, die Meisterprüfung zu absolvieren. Dabei stand sein handwerkliches Können außer Frage und seine Möbel wurden ebenso anerkannt wie seine Bilder. Dennoch erhielt er eine 10 D-Mark Strafe wegen Unbelehrbarkeit, eine Geldstrafe, über die er nicht ohne Schmunzeln erzählte: „jemand, der an der Front war, will sich nicht mehr festnageln lassen und sich von niemandem mehr vorschreiben lassen, was er zu tun hat“, lautete seine Devise.

Der Name Lois Huber wurde langsam in Kreisen an Kunst Interessierter ein Begriff. 1959 berichtete die Wasserburger Zeitung über den Maler, der in den Wasserburger Kunstausstellungen der letzten beiden Jahre aufgefallen war:
„Der Reiz, den seine Bilder ausüben, resultiert aus einer eigenschöpferischen Gestaltung. Er greift mit Vorliebe unscheinbare Themen der Landschaft auf, bäuerliche Siedlungen seiner Heimat, Motive aus süddeutschen Städten und Italien, die einen Schönwettermaler nie anregen würden. Seine Temperablätter sind voller Poesie und Transparenz. Sein Erfolg ist nicht zuletzt auf das bäuerliche Element zurück zu führen, dass ihm das ausgeglichene Wechselspiel von Realität und Fantasie ermöglicht.

Über die Verbindung von Handwerk und Kunst zitiert der Artikel den Künstler: „Ich finde es gut, wenn man früh aufsteht und sein Gras mäht!“ Er malte in jeder freien Minute, immer unermüdlich und mit nie versiegender Energie. Doch seinen Broterwerb musste er als Nebenerwerbslandwirt, Handwerker und später als Graphiker verdienen.

Die Wasserburger Zeitung schrieb 1959: „Huber ist Naturalist, dabei malt er nicht sklavisch ab, sondern setzt sich mit dem Motiv auf seine Art auseinander. (..) In den großen Arbeiten tritt zutage, was der Maler sagen will, aber auch, was er innerlich empfindet bei der Suche nach der Schönheit, der Wahrheit und dem Guten in einer von der Hektik überlagerten Welt, die keinen Frieden bietet. Er will Ruhepunkte in dieser zerrissenen Zeit zeigen und hinführen zu Stille und Besinnung. Wenn man erstaunt das Geheimnisvolle in seinen Bildern sieht, beginnt man zu begreifen, dass, wie er selbst sagt, ‚ihn sein Hang zum Slawischen, zur slawischen Seele und die Auseinandersetzung mit diesem Geist und seiner Welt’ treibt.

Trotz eines großen Selbstvertrauens ins eigene Können blieb Lois Huber stets bescheiden, introvertiert, sogar ein wenig menschenscheu. Dieser Bescheidenheit ist es wohl geschuldet, dass Lois Huber ein nachhaltiger Ruhm verwehrt blieb und er heute zu den weitgehend unbekannten Künstlern der Region zählt.

Bergwelt


Mit 60 Jahren erkrankte er an Parkinson, malte aber trotz der damit verbundenen Einschränkungen bis an sein Lebensende weiter. Lois Huber nutzt seine Malleidenschaft als eine Art Kreativitätstherapie. Seinen Spätwerken merkt man natürlich ein leichtes Zittern im Strich an, aber sie erhalten dadurch eine ganz spezielle Qualität, die an den späten Oskar Kokoschka erinnert. Auch abstrakt zu malen versucht er erstmals unter dem Einfluss der Krankheit, mit erstaunlichem Ergebnis.  Und gerade hier, im Spätwerk lassen die Bilder etwas Persönliches ahnen, was bisher nicht zum Ausdruck gekommen war: Etwas Starkes und gleichzeitig Anrührendes, was diesen Bildern eine besondere Qualität verleiht,“ heißt es dazu in dem Flyer im Bilderladen.

Wie viele Bilder er im Laufe seines langen Lebens malte, weiß niemand, auch nicht er selbst. Er verstarb friedlich zu Hause im Kreise seiner Angehörigen am 30.11.2007, nachdem noch Anfang des Jahres 2007 eine Ausstellung im Kernhaus Wasserburg ein großer Erfolg war. Der künstlerische Nachlass an Zeichnungen und Gemälden ist immens und bis heute war nur ein Teil seiner Arbeiten überhaupt öffentlich zu sehen.

Matthias Oesterheld, 17.9.2009 (für „Heimat am Inn“ Ausgabe 28/29